"Die schöne Coletta"
Dieses Bild trägt den Titel „Kellnerin in alter Münchner Tracht, genannt ‚Die schöne Coletta‘“ und wurde vom kroatischen Künstler Toni Aron um 1885 gemalt.
Die Dargestellte ist Coletta Möritz. Sie wurde zum Abbild der schönen Münchnerin, obwohl sie gar nicht aus München stammte. Sie vertrat die riesige Gruppe der Landmädchen, die als Dienstbotin oder Kellnerin in die Großstadt geschickt worden waren. Seit 1877 arbeitete Coletta Möritz in verschiedenen Münchner Wirtshäusern. Dieses Porträt beauftragte die Münchner Bürgerbrauerei. Zuvor hatte sie schon dem Künstler Friedrich August von Kaulbach als Vorbild für sein berühmtes Bild der „Schützenlisl“ gedient.
Ihre Karriere taugte zur Romantisierung eines Berufsstands, der in Wahrheit die sozialen Missstände der Zeit um 1900 in besonderem Maß spiegelte. Kellnerinnen lebten von ihren Trinkgeldern, von denen sie außer Versicherungsabgaben auch noch Putzgeld, Bruchgeld und Toilettengeld an den Wirt abführen mussten. Von den rund 2.500 Prostituierten, die der Münchner Polizei im Jahr 1909 bekannt waren, stammte ein Viertel aus dem Milieu der Biermädchen.
In der Porträt-Malerei ist die Darstellung als lebensgroße Ganzfigur eine besonders vornehme Form des Porträts. Diese Würdeform zeigt auf diesem Bild keine Königin oder Prinzessin, sondern eine Kellnerin, eine so genannte Schankkellnerin. Also eine Kellnerin, die Bier ausschenkt. Das ist besonders und passt gut zum Selbstverständnis der Stadt München als Kunst- und Bierstadt.
Es gibt also einen Kontrast zwischen einfacher Bierkellnerin und der eigentlichen besonderen Würdeform der Porträtmalerei. Zur selben Zeit, Entstehungszeit ist um 1885, gab es so etwas in Paris: Der Künstler Édouard Manet malte die weltberühmten Porträts der Prostituierten und Barmädchen in Paris. Wahrscheinlich wusste der Maler der Coletta davon aber nichts.