Bedienungshilfen

Franz von Stuck, „Die Sünde“, vor 1906

Die dargestellte Frau ist nackt, ihre Haare sind offen und fallen ihr auf einer Seite lang über die Schulter. Erst unterhalb ihres Bauchnabels verdeckt die sich um sie windende riesige Schlange ihren weiteren Körper. Die Brüste scheinen nach vorne gestreckt, der starke Hell-Dunkel-Kontrast zwischen dem weißen Körper und dem dunklen Hintergrund lenkt die Aufmerksamkeit auf ihre Nacktheit. Die Augen, die einen anblicken, sind groß und dunkel und werden durch die starken Augenbrauen betont. Ihr Mund ist dunkelrot und ebenso auffällig. 

Doch nicht nur die Frau schaut uns an. Der Schlangenkopf kommt über ihrer rechten Schulter zum Vorschein und auch der Blick der Schlange ist durch die schmalen Augen auf uns Betrachtende gerichtet. Deutlich ist das geöffnete, mit vielen spitzen Zähnen gespickte Maul der Schlange zu erkennen.

Das Ölgemälde ist umgeben von einem besonderen Rahmen. Für fast alle seiner Gemälde ließ Stuck spezielle Rahmen anfertigen, die er entwarf. Produziert wurden sie in zwei Münchner Kunsttischlereien. Der Rahmen ist auffällig breit und vergoldet. Mit seinen beiden Säulen und dem Über- und Unterbau erinnert er an einen antiken Tempel. Im unteren Teil trägt der Rahmen den Titel des Bildes in zeitgemäßem und für den Maler Franz von Stuck typischen Schriftstil : „DIE SVENDE“ (V für U). 

Es gibt viele Versionen dieses Bildes. Es war zu seiner Entstehungszeit um 1900 sehr beliebt. Das Motiv der nackten Frau mit der Schlange geht auf den Sündenfall Evas in der Bibel zurück. Auch der Bildtitel „Die Sünde“ macht diesen Zusammenhang deutlich. In der biblischen Geschichte wird Eva von der Schlange verführt, den Apfel trotz Gottes Verbot vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen. Die Schlange ist deshalb Symbol für Verführung und Gefahr. 

Hier im Bild versucht die Frau selbst die Betrachter*innen zu verführen. Rechts oberhalb der Schlange fällt eine orangene Bildfläche auf, diese kann als Höllenfeuer interpretiert werden. Es ist also die erotisch faszinierende Frau als männerverderbendes Wesen, um die es hier geht. 

Das Bild wirkt rätselhaft, unheimlich und nicht leicht erklärbar. Das ist typisch für die sog. Kunstrichtung des Symbolismus, die besonders zwischen 1880 und 1910 auftrat.