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Interpretation „Die Sünde“

Das von Franz von Stuck gemalte Bild „Die Sünde“ ist rätselhaft, unheimlich und nicht leicht erklärbar. Das ist typisch für die sogenannte Kunstrichtung des Symbolismus, die besonders zwischen 1880 und 1910 auftrat. Man kann es nicht einfach erklären und deshalb gibt es verschiedene Sichtweisen und Interpretationen für dieses Kunstwerk.

Im Folgenden stellen wir eine davon vor:

Das Bild wird von einem Altar-ähnlichen Rahmen umfasst und betont nochmal den großformatigen Titel am unteren Bildrahmen „Die Sünde.“ Diese „Sünde“ verführt auch uns Betrachtende: Hier hat sich die erotische Frau mit der Schlange verbündet, die Symbol für Verführung und Gefahr ist. Aus dem Dunklen lockt die Frau, hinter ihr orange Flammen des Höllenfeuers.

Ziel von Stuck war es wahrscheinlich nicht, die Frau schlecht und als sexuell unersättliche Verführerin des Mannes darzustellen. Diese Vorstellung war für Stuck von der Kirche erfunden. Das Bild zeigt, dass die Sünde etwas ist, dass die Betrachtenden anlockt. Der nackte Frauenkörper wird von der Schlange geradezu präsentiert. Der Körper ragt aus der engen Umschlingung hervor. Der Frauenkörper wirkt wie ein Lockmittel der Schlange. Wie eine Halluzination, etwas, das verschwindet, sobald es seinen Zweck erfüllt hat. Das erinnert daran, wie die Kirche in ihren Bildern jahrhundertelang den weiblichen Körper benutzt hat. Dabei ging es nie wirklich um die weibliche Sexualität.

Auch die Kirche hat den weiblichen Körper nur oberflächlich dargestellt: Eine Frau mit nackten Brüsten und Kind ist die Mutter Gottes, eine nackte Frau mit Schlange Eva und steht damit für die Sündhaftigkeit des weiblichen Wesens. Die katholische Kirche, durch und durch rein von Männern beherrscht, hatte kein Interesse an der wirklichen Natur der Frau. Im Unterschied dazu erzählt die Bibel von vielen Frauen, lebenswirklich und echt. Stuck drückt somit auch Kritik an der oberflächlichen Sicht der Kirche aus.